Inflationsausgleichsprämie für Geschäftsführer?
In der Ausgabe 03/2023 des Wirtschaftsmagazins „DER STEUERZAHLER Baden-Württemberg“ ist in einem Beitrag über die Inflationsausgleichsprämie zu lesen: „Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH können allerdings als Arbeitnehmer ggf. von der Regelung profitieren.“ Aber sind Gesellschafter-Geschäftsführer Arbeitnehmer? Das kommt darauf an, lautet die gängige Antwort des Juristen. Nämlich darauf, ob man die Frage durch die arbeitsrechtliche, die sozialversicherungsrechtliche oder die steuerrechtliche Brille betrachtet. Und je nach Blickwinkel fällt die Antwort unterschiedlich aus. Das „gegebenenfalls“ bedarf also einer etwas genaueren Betrachtung. Je nach steuerlicher Veranlagung kann man als Geschäftsführer jedenfalls auf einfache Weise einen Tausender an Steuern sparen, wenn man sich von seiner Gesellschaft die Inflationsausgleichsprämie auszahlen lassen kann.
I. Einführung einer steuerfreien Inflationsausgleichsprämie
Der Bundestag hat am 30.09.2022 die Einführung einer sog. steuerfreien Inflationsausgleichsprämie beschlossen, die am 25.10.2022 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 2022, S. 1743) veröffentlicht wurde. Die Inflationsausgleichsprämie wurde als Teil des sog. dritten Entlastungspakets auf Empfehlung des Finanzausschusses mit dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz auf den Weg gebracht. Mit der Inflationsausgleichsprämie ist eine Steuervergünstigung für Arbeitnehmer eingeführt worden, die als Abmilderung der Belastung durch stark gestiegene Verbraucherpreise gedacht ist. Nach § 3 Nr. 11c EStG sind steuerfrei
„zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro.“
Mit der Inflationsausgleichsprämie können Unternehmen bis zum 31.12.2023 einen Betrag von insgesamt 3.000,00 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei an ihre Mitarbeiter auszahlen. Aber wer zählt zu den „Mitarbeitern?“ Nach dem Wortlaut jeder, der zusätzlich zu seinem Arbeitslohn vom Arbeitgeber eine Zahlung bis zu einem Betrag von 3000 Euro erhält. Haben Geschäftsführer und Gesellschaftergeschäftsführer einen Arbeitgeber und schuldet dieser Ihnen Arbeitslohn?
II. Welcher Arbeitnehmerbegriff ist für GmbH-Geschäftsführer maßgeblich?
1. Der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff
Geschäftsführer einer GmbH sind nach deutschem Rechtsverständnis grundsätzlich keine Arbeitnehmer. Seit jeher geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass Geschäftsführer einer GmbH „im Lager des Arbeitgebers“ stehen und deshalb nicht selbst Arbeitnehmer sein können. Demgegenüber vertritt das Bundesarbeitsgericht die Auffassung, dass bei Geschäftsführern „in extremen Ausnahmefällen“ auch ein Arbeitsverhältnis gemäß § 611a BGB Grundlage der Organstellung sein kann. Zwingend sei es aber nicht, dass die der Bestellung zum Geschäftsführer zugrundeliegende vertragliche Abrede ein Dienstvertrag ist. Die Bestellung zum Geschäftsführer könne auch auf einem Arbeitsvertrag beruhen, allerdings nur bei hoher Intensität der Eingliederung und Weisungsunterworfenheit. Geschäftsführer können nach dieser Rechtsprechung zwar theoretisch Arbeitnehmer sein, praktisch haben die Gerichte aber letztlich nie ein Arbeitsverhältnis angenommen.
2. Der sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff
Im Sozialversicherungsrecht gilt nicht der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff gilt nicht der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff gemäß § 611a BGB, sondern der weitergehende Begriff der Beschäftigung. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Das Arbeitsverhältnis ist demzufolge nur ein Unterfall der Beschäftigung. Zu den Beschäftigten, die der Sozialversicherungspflicht unterfallen, zählen insbesondere auch Fremdgeschäftsführer einer GmbH. Der Status von Gesellschaftergeschäftsführern wurde durch Urteile des Bundessozialgerichts vom 11.11.2015 („Novemberurteile“) einem neuen Rechtsmodell unterworfen. Gesellschaftergeschäftsführer, die ihr Unternehmen schon viele Jahre als Geschäftsführer geführt hatten, werden seither als abhängig Beschäftigte eingeordnet, wenn sie nicht zu mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt sind. Sie werden dadurch in die gesetzliche Sozialversicherung hineingezwungen und ihre Gesellschaft muss Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung Bund abführen.
3. Der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff
Bezüglich des Arbeitnehmerbegriffs ist für § 3 Nr. 11c EStG nicht der arbeitsrechtliche und auch nicht der sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff maßgeblich, sondern der steuerrechtliche. Die Definition des Arbeitnehmers im Sinne des Steuerrechts ist inhaltlich nicht deckungsgleich mit dem im Sozialversicherungsrecht verwendeten Begriff der abhängigen Beschäftigung. Während sowohl dem Arbeits- als auch dem Sozialrecht der Gedanke der sozialen Schutzbedürftigkeit zugrunde liegt, ist dieser Regelungszweck im Steuerrecht nicht maßgeblich. In steuerrechtlicher Hinsicht erfüllen Personen den Arbeitnehmerbegriff, wenn sie Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit erhalten. Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 LStDV sind Arbeitnehmer „Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen.“ Im Vergleich zu § 611 a BGB ist der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff im Sinne von § 19 EStG, § 1 Absatz I 1 LStDV weiter. Danach zählen zum begünstigungsfähigen Personenkreis auch Arbeitslohn beziehende (Gesellschafter)-Geschäftsführer.
III. Was muss bei der Umsetzung der Inflationsausgleichsprämie für Geschäftsführer beachtet werden?
Die Inflationsausgleichsprämie ist Bestandteil der Vergütung, welche die Gesellschaft ihrem Geschäftsführer bezahlt. Anders als bei Arbeitnehmern, bei denen der Arbeitsvertrag und seine Ergänzungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (vertreten durch die Geschäftsführung) abgeschlossen werden, ist für den Abschluss des Dienstvertrages mit Geschäftsführern die Gesellschafterversammlung zuständig. Nach der sog. Annexkompetenz aus § 46 Nr. 5 GmbHG gilt dies auch für sämtliche Änderungen des Inhalts des Vertrages, also auch für Gehaltserhöhungen oder die Gewährung von Sonderleistungen wie der Inflationsausgleichsprämie. Für eine rechtswirksame Gewährung der Inflationsausgleichsprämie an Geschäftsführer, die vom Finanzamt anerkannt wird, ist deshalb ein Gesellschafterbeschluss erforderlich.
IV. Steuerspareffekt für Gesellschafter-Geschäftsführer
Für Gesellschafter-Geschäftsführer besteht somit die Möglichkeit, sich einen Zusatzbetrag von 3.000 EUR als Inflationsausgleichsprämie auszuzahlen. Hieraus ergibt sich steuerlich ein doppelter Vorteil: zum einen stellt die Inflationsausgleichsprämie auf Ebene der GmbH eine zusätzliche Betriebsausgabe dar und mindert so die Steuerlast der GmbH. Zum anderen fließt der Betrag der Inflationsausgleichsprämie dem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht als steuerpflichtige Gewinnausschüttung zu, sondern als steuerfreie Geschäftsführervergütung. Hieraus ergibt sich eine erhebliche Ersparnis gegenüber einer entsprechenden Gewinnausschüttung