Geschäftsführer, wir wissen wo dein Auto steht!

Kann der Geschäftsführer der Veröffentlichung seines Wohnortes widersprechen?

Das Handelsregister soll jedem Interessierten die Möglichkeit geben, sich über die Verhältnisse einer Handelsgesellschaft – insbesondere einer GmbH – zu informieren: Wer sind ihre Gesellschafter? Wie hoch ist ihr Stammkapital? Wo ist ihr Sitz? Wer vertritt sie? Zu diesem Zweck bestimmt § 43 der Handelsregisterverordnung (HRV), dass neben dem Namen eines Geschäftsführers auch dessen Geburtsdatum und Wohnort in das Register aufzunehmen sind. Damit war der Geschäftsführer einer GmbH, der um seine Sicherheit fürchtete, nicht einverstanden. Da er beruflich mit Sprengstoff umging, fürchtete er, Opfer einer Entführung oder eines Raubes zu werden. Er beschritt gegen die Veröffentlichung seiner persönlichen Daten den Rechtsweg bis zum Oberlandesgericht Celle (OLG Celle, Beschluss vom 24.02.2023 – 9 W 16/23).

 

1. Worum ging es?

Man fühlt sich an Transparente unzufriedener Fans der Heimmannschaft im Fußballstadion erinnert, wenn man den Leitsatz der Entscheidung des OLG Celle liest. So manchem Schiedsrichter dürfte unwohl geworden sein, wenn ihm entgegenschallte „Schiri, wir wissen wo dein Auto steht!“ Was im Fußballstadion aber nur scherzhafte Fiktion in der Diktion eines nicht ernst gemeinten Schlachtrufs ist, erweist sich für Geschäftsführer einer GmbH als unvermeidbare Realität: Wer als Geschäftsführer einer GmbH im Handelsregister eingetragen ist, der muss auch seinen Wohnort und sein Geburtsdatum in einem Register veröffentlichen, das für jeden einsehbar ist. Das bedeutet, dass in das Handelsregister auch Einsicht nehmen kann, wer dem Geschäftsführer nicht wohl gesonnen ist. Das Unternehmen der Gesellschaft, die Gegenstand der Entscheidung des OLG Celle war, befasste sich mit der Herstellung und der Verwendung von Sprengstoff. Dies weckte bei dem klagenden Geschäftsführer die Befürchtung, dass kriminelle Zeitgenossen ein Auge auf ihn werfen könnten, um rechtswidrig in den Besitz von Sprengstoff zu kommen oder ihn gar zu entführen. Wer solches im Schilde führt, dem kommt es sehr gelegen, wenn er Wohnort und Geburtsdatum des Geschäftsführers des Sprengstoffherstellers im öffentlich zugänglichen Register nachlesen kann. Die Bedenken des Klägers scheinen also gut nachvollziehbar.

Aber nicht nur Geschäftsführer eines mit Sprengstoff handelnden Unternehmens haben Anlass, sich um ihr Wohlergehen zu sorgen. So manchem Geschäftsführer, der den Beschäftigten in wirtschaftlich schwieriger Lage des Unternehmens unangenehme Botschaften verkünden muss, befürchtet, dass sich etwa entlassene Arbeitnehmer Rachegedanken hingeben. Zu wissen, dass diese Personen sich im Handelsregister ohne weiteres über Wohnort und Geburtsdatum informieren können, trägt nicht zur Beruhigung bei. 

2. Die Entscheidung des OLG Celle

Der Beschwerde des Geschäftsführers hatte keinen Erfolg. Der Geschäftsführer einer GmbH, so entschied das Oberlandesgericht, hat keinen registerrechtlichen Anspruch auf Löschung seines bereits eingetragenen Geburtsdatums und Wohnorts aus dem Registerblatt des Handelsregisters. Das OLG Celle konnte keine Rechtsgrundlage für das Begehren des Geschäftsführers erkennen. Dieser hatte sich für den geltend gemachten Löschungsanspruch insbesondere auf Artikel 17,18 und 21der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der RL 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) berufen und argumentiert, dass er unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten verlangen könne, dass sein Wohnort und sein Geburtsdatum aus dem Handelsregister gelöscht werden. Mit diesem Argument ist er jedoch nicht durchgedrungen. Das OLG Celle entschied, dass dem Geschäftsführer aus § 10a Absatz 3 HGB auch kein Widerspruchsrecht gegen die Veröffentlichung seiner Daten zustehe. Ein Löschungsanspruch bestehe nicht, weil diese Bestimmung nicht gelte, soweit die Datenverarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, die die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, erfordert, notwendig ist. Der Senat hatte keine Zweifel an der Vereinbarkeit der Bestimmung des § 10a Abs. HGB mit Verfassungs- bzw. Europarecht, und zwar weder generell noch bezogen auf den Streitfall. Zum Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates könnten Datenschutzrechte vielmehr beschränkt werden können. Das gelte auch für funktionsfähige und verlässliche öffentliche Register, die für die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs unerlässlich sind.

3. Was kann man tun?

Die Veröffentlichung von Wohnort und Geburtsdatum im Handelsregister lässt sich für Geschäftsführer einer GmbH nicht vermeiden. Das OLG Celle hat gegen seine Entscheidung zwar die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil höchstrichterlich bislang nicht geklärt ist, ob und in welchem Verfahren und unter welchen Voraussetzungen in Einzelfällen ggf. die Löschung von an sich zwingend gebotenen Eintragungen in das Handelsregister begehrt werden kann. Mit einem Erfolg der Rechtsbeschwerde dürfte aber kaum zu rechnen sein. Und bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs gilt jedenfalls weiterhin, dass gegen die Veröffentlichung von Wohnort und Geburtsdatum im Handelsregister keine rechtliche Handhabe besteht. Als Geschäftsführer bleibt einem daher bis auf weiteres nur, darauf zu achten, dass man nicht unnötigerweise weitere Daten als Wohnort und Geburtsdatum offenlegt. Nach der Handelsregisterverordnung ist außer dem Geburtsdatum lediglich der Wohnort offenzulegen, also die Stadt oder Gemeinde, in welcher der Geschäftsführer wohnt. Die vollständige Anschrift, also mit Straßenangabe, ist jedoch nicht erforderlich. Gleichwohl wird im Vorfeld der Gründung einer GmbH von den Notariaten routinemäßig in den einschlägigen Formularen auch die Angabe der vollständigen Wohnanschrift der Geschäftsführer angefordert. Diese Angabe ist jedoch nicht erforderlich und kann unterbleiben. Für die Legitimierung gegenüber dem Notariat genügt die Vorlage eines Personalausweises im Beurkundungstermin.

 

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